Assassin's Creed - Unser Review

Warum können Assassinen auf Kathedralen klettern, gehen aber im Wasser unter wie ein Stein? Warum beeindruckt Altair seine Opfer derart, dass ihn ein Sterbender noch als Angeber beschimpft? Und warum kann ein fettleibiger Kerl schneller rennen als unser mörderischer Kapuzenfan?

Das sind Fragen, die tatsächlich im Laufe des Spielens auftauchen. Aber bevor wir die beantworten, beginnen wir doch erst mal ganz am Anfang.

Im Nomi MC, direkt am Düsseldorfer Hafen, begann unsere kleine Zeitreise ins Mittelalter. Begrüßt vom gut gelaunten Ubisoft-Team, betrat die ganze Rasselbande voller Vorfreude den Club und bestaunte die lange Reihe Tische, auf denen die Götzenbilder jedes Assassin's Creed-Gläubigen standen ’€“ Konsolen, in deren Innern bereits das Objekt der Begierde rotierte. Aber da Geduld bekanntlich eine Tugend ist, mussten wir die Hände zur Faust ballen, statt uns auf die Spiele zu stürzen, und konnten uns eine kleine Videobotschaft von Patrice Desilet anschauen. Ein paar Tipps hatte er natürlich auch noch parat, die wir eifrig verinnerlichten, während der Blick immer wieder zu den Konsolen huschte. Wir waren bereits süchtig, ohne auch nur eine Sekunde gespielt zu haben.

Erst dann durften wir uns um die Bildschirme scharen. Die Augen leuchteten bei der glasklaren Grafik, die live sogar noch besser aussieht als in allen Videos. Eine kurze Einführung in die Steuerung durch das Ubi-Team, und dann war er da, der lang erwartete Moment: Der Controller wurde uns überreicht ’€“ und plötzlich waren wir Altair.

Dass Altair ein Phänomen ist, muss man wohl keinem mehr erzählen. Dass er aber noch phänomenaler ist, wenn er tatsächlich exakt das tut, was wir wollen, ist schon eher erwähnenswert. Selten habe ich ein Spiel gesehen, in dem die Figur so präzise zu steuern ist wie Assassin's Creed. Altair rennt, springt und klettert beinahe von alleine, während man als Spieler mit offenem Mund dasitzt und vor lauter Staunen vergisst, dass das kein Film, sondern ein Videospiel ist.

"Ich war wirklich so oft in den -boah...ist das genial gemacht-Momenten, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr rausgekommen bin."

Einziges Manko: Springt man ins Wasser, ertrinkt man wie eine Ratte. Ausgedehnte Bäder im Hafen von Akkon sollte man also möglichst vermeiden.

"Altair kann alles, nur nicht schwimmen"

Erst als wir blauäugig und tollpatschig in eine Gruppe Soldaten stolpern, vergeht uns das breite Grinsen, und aus Spaß wird tödlicher Ernst. Als wir uns nicht schnell genug aus dem Staub machen, blitzen die Klingen. Wie war das noch mal? Hier kontern, da angreifen. Den richtigen Moment erwischen, Glück haben. Die Kamera schwenkt spektakulär herum, Blut spritzt, und Altair metzelt seinen ersten Gegner mit einem grandiosen Kombo nieder. Wir sind begeistert! Mit jedem Gegner steigt der Adrenalinpegel, und wir merken nicht, wie aus der Ferne Verstärkung anrückt. Vier Gegner sind ok, aber zehn? Zum Glück kann Altair laufen wie ein Hase, so dass wir mit ein paar akrobatischen Klettereinlagen flüchten können. Besonders in solchen Stressmomenten ist eine gute und intuitive Steuerung wichtig. Statt lang zu überlegen, welchen Knopf man nun drücken muss, hält man die entsprechenden Tasten einfach ständig gedrückt, damit Altair von alleine die Wände hinaufkraxelt wie ein Gecko.

"Dazu muss ich natürlich wieder die Akrobatischen Fähigkeiten Altairs aussnutzen. Genial wie er sich den Turm hocharbeitet!"

Rasch schwingen wir uns auf ein Pferd und geben ihm die Sporen. Hinaus in das Königreich, hinein in ein Areal, das man wohl nach tagelangem Spielen noch nicht komplett erkundet hat. Dank Karte finden wir unseren Weg nach Damaskus recht leicht. Wir tauchen in einer Gruppe Mönche unter und schmuggeln uns nach bester Wolf-im-Schafspelz-Manier in die Stadt.

Wer nun glaubt, einfach zu seinem Opfer laufen und es kurzerhand ins Nirwana schicken zu können, der irrt. Was als kleiner Meuchel-Auftrag begann, entpuppte sich bei uns als Odyssee.

Nachdem wir von unserem Auftraggeber ein paar magere Infos bekommen haben, machen wir uns auf und durchkämmen die Stadt. Stück für Stück decken wir die Karte auf, indem wir die Türme erklimmen und uns mit dem Leap of Faith wieder in die Tiefe stürzen ’€“ ein Move, der süchtig macht.

Während unserer Erkundungstour treffen wir immer wieder auf Bürger in Not. Gutherzig, wie wir sind, helfen wir und kassieren Zoff mit den Wachen. Die Bösewichte sind schnell beseitigt, die Dankeshymne der fast entführten Maid groß ’€“ sind wir nun meuchelnder Assassine oder doch ein ehrenvoller Ritter?

Im Gegenzug verspricht uns die Dame, dass ihre Brüder uns helfen werden, sollten wir einmal selbst in Not geraten. Und das lässt sich nicht lange auf sich warten, denn unser Ruf als Troublemaker geistert schon längst durch die Stadt. Überall laufen Wachen mit grimmigen Blick und halb gezogener Waffe durch die Straßen. Bemerken sie uns, sind wir fällig. Also schleichen wir uns durch die Mengen und nehmen die eine oder andere Abkürzung über die Dächer, wobei wir fleißig Gebrauch von den Wurfmessern machen, denn die Wachen in luftiger Höhe scheinen unseren Besuch nicht zu schätzen. Durch die Anzeigen am Bildschirm erkennen wir immer, ob man uns beobachtet: Blinkt das Symbol gelb, sind die Augen auf uns gerichtet, wird es rot, haben wir die Wachen am Hals und müssen kämpfen oder fliehen.

Mithilfe der Karte finden wir die Personen, denen wir Infos entlocken müssen. Da wir Altair und nicht Sherlock Holmes heißen, fällt die ’€žBefragung’€œ dieser verdächtigen Personen etwas anders aus: Nach einem Faustkampf, der die wildeste Kneipenprügelei alt aussehen lässt, ergibt sich unser Gegenüber und spuckt brav die Informationen aus, die uns den Weg zu unserem Opfer erleichtern. Ob wir ihn denn nun gehen ließen, will der gute Mann wissen. Altair antwortet ihm mit glasklarer Synchronstimme ’€“ und sticht zu. Ein Assassine eben ’€¦

Nachdem wir zwei Passanten belauscht haben, haben wir die Infos zusammen und machen uns auf den Weg zu unserem Opfer. Unbemerkt schleichen wir uns in den Palast des verfetteten Adligen und suchen nach einem Weg, ihm inmitten des rauschenden Festes an die Gurgel gehen zu können. Doch bevor wir uns zu dem Mann durchgeschlichen haben, fliegt unsere Tarnung auf, und im Palast bricht das Chaos aus: Menschen flüchten schreiend vor uns, während die Wachen uns umkreisen wie knurrende Hunde. Wir kämpfen uns irgendwie durch die Meute und verfolgen unser Opfer durch die Straßen der Stadt. Heerscharen an Wachen kleben uns an den Fersen, während der fette Kerl eine erstaunlich flinke Sohle beweist. Nach endlosen Minuten gelingt es uns endlich, dem Opfer die Klinge in den Nacken zu treiben. Wir lauschen seinem Gespräch, in dem er uns von seinem Selbsthass erzählt, um danach in die harte Wirklichkeit geworfen zu werden. Die ganze Stadt ist in Aufruhr ’€“ und wir sind mittendrin. Wahre Adrenalinschübe werden durch den Körper gepumpt, als wir durch die Straßen hetzen. Hier einen kühlen Kopf zu bewahren ist nahezu unmöglich. Immer wieder starren wir hektisch auf die Anzeige, ob man uns noch immer verfolgt, erklimmen eine Hauswand, springen an verblüfften Wachen vorbei, tauchen wieder ab, sehen das erlösende gelbe Blinken an der Wachsamkeitsanzeige und hechten in letzter Sekunde in den Unterschlupf unseres Auftraggebers. Gerettet!

Was sich nun so locker liest, erweist sich in Wahrheit als wirklich schwieriges Unterfangen. Die Stadt lebt, pulsiert um uns herum, ständig geschieht etwas unvorhergesehnes, auf das man sich immer wieder einstellen muss. Mal stecken wir in einem Pulk Menschen fest, während uns die Wachen grölend nachjagen, dann werden wir von einem Verrückten angesprochen und grob geschubst, wobei zurückschlagen sofort auffällig wäre, ein anderes Mal flüchten wir vor Wachen und erklimmen eine Wand, ehe unsere Häscher uns mit Steinen wieder herunterholen ’€¦ Man kann nie sagen, dass man an einem Ort seine völlige Ruhe hat. Spontanität und Anpassungsfähigkeit sind die Zauberwörter, mit der man sich durch Assassin's Creed hangelt. Je nach Spielweise kann man als rabiater Rüpel durch die Stadt rennen oder sich ganz unauffällig als Bürger tarnen. Wer den Nervenkitzel liebt, stürzt sich einfach blindlings ins Getümmel, während der Taktiker zuerst systematisch alle Bogenschützen aussschaltet, ehe er in aller Ruhe seiner Aufgabe nachgeht. Dadurch verliert das Spiel nie seinen Reiz, da man immer wieder anders eine Mission angeht. Das offene Gameplay gibt dem Spieler die Freiheit, die er braucht, um sich richtig austoben zu können.

In Assassin's Creed steckt Leidenschaft ’€“ das spürten wir schon in den ersten Spielminuten. Jedes Detail wurde sorgfältig herausgearbeitet, sei es die zerbröckelte Mauer eines verlassenen Wohnhauses in Akkon, den Waren eines Händlers am Straßenrand oder den flatternden Vögeln auf den Aussichtspunkten. Auch wenn Altair einem Gegner das Schwert in den Leib rammt, klebt danach an der Klinge Blut, und springt er aus einem Heuhaufen, haften noch ein paar Halme an seiner Kleidung. Die Musik passt sich dem Spielgeschehen an: Sind wir in der Stadt unterwegs, dringen sanfte Klänge aus Lautsprecherboxen, während im Kampf ein wilder Rhythmus angeschlagen wird.

Besonders beeindruckend war die KI der Gegner. Hatte man sie erst einmal auf sich aufmerksam gemacht, war es danach nahezu unmöglich, ungesehen durch die Stadt zu kommen. An jeder Ecke wurde man beobachtet, und beim kleinsten Fehltritt hatte man eine Rotte Wachen am Hals. In wüster Sprache brüllen sie uns nach, wenn wir das Heil in der Flucht suchen, holen Verstärkung oder flüchten, sobald sie merken, dass ein Kampf mit Altair kein Zuckerschlecken ist.

"Auf meinem Ritt durch das wirklich große Königreich fällt sofort die sehr gute KI auf, denn falle ich durch zu wildes Gallopieren oder Umreiten von Passanten auf, fangen die Wachen an mich zu verfolgen und - was mich im Übrigen sehr beeindruckt hat - bilden eine Art Wall mitten auf der Straße, sodass ich beim Durchritt kurzerhand vom Pferd geworfen werde"

Die Kommentare der Sterbenden können teilweise recht merkwürdig ausfallen ’€“ so nannte uns ein Mann, den wir elegant mit der Hidden Blade erstachen, tatsächlich Angeber.

Unser Fazit:

So schnell, wie Altair seine Opfer meuchelt, waren wir dem Spiel verfallen. Eine ziemlich gemeine Strategie, denn nun harren wir noch ungeduldiger als jene, die Assassin's Creed nicht anspielen durften.

"Ich konnte ja schon so nicht mehr auf den 15.11. warten, aber durch den gestrigen Tag ist des viel schlimmer geworden. Kann nur noch an das Game denken"

Das Game ist schnell, abwechslungsreich, überraschend anders und mit absoluter Professionalität entwickelt. Nichts wurde dem Zufall überlassen, alles wirkt, als wäre es so geplant, auch wenn die meisten Elemente innerhalb des Spiels vollkommen willkürlich ablaufen. Die Grafik ist, wie man es von einem Next Gen-Game erwartet, erste Sahne. Nur manchmal, wenn man zu nahe an einen Baum herantritt und ein Blatt extrem vergrößert vor dem Bildschirm hat, wird dieses kleine Detail aufs Übelste verpixelt. Aber wer kauft sich schon das Spiel, um sich die Pflanzen in Nahaufnahme anzusehen?

"als ich in Akkon auf die höchste Spitze der Kathedrale gestiegen bin und ich mit Ubi_Thom lachend die schwankende Haltung Altair´s auf der zugegeben kleinen Standfläche begrinste, wurde mir bewusst, dass diese Spiel nicht von wahnsinnigen Texturen, sondern von der unglaublichen Weitsicht (die Aussicht ist einfach Wahnsinn), der ungemein packenden Atmosphäre und dem spaßigen, süchtig machenden Gameplay lebt."

Bugs waren praktisch nicht vorhanden, und bis auf einen einzigen aufploppenden Gegner war die Weitsicht innerhalb der Straßen perfekt. Auch die Physik-Engine setzte kein einziges Mal aus ’€“ wenn ein Gegner fiel, dann fiel er und zappelte nicht noch unkontrolliert herum.

Wenn ein Spiel den Titel Game of the Year verdient hat, dann wohl Assassin's Creed und wer ihm jetzt noch nicht verfallen ist, wird spätestens beim ersten Anspielen süchtig sein!

In diesem Sinne: Danke an Ubisoft, danke an das Team, danke an alle, die am Samstag in Düsseldorf waren - ihr habt den Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen!

Unsere Bewertung

Gameplay: 10 von 10

Ein Meilenstein in seinem Genre. Wer das Abenteuer und die Freiheit liebt, wird bei den vielfältigen Möglichkeiten, die Assassin's Creed bietet, gut bedient sein. Kämpfe, Klettereinlagen, wilde Fluchtaktionen - Langeweile kommt da so schnell nicht auf.

Grafik: 9 von 10

Auf den ersten Blick nahezu perfekt, kristallisieren sich nur mit scharfem Blick kleine Schönheitsfehler heraus. Mal ist es ein etwas verpixeltes Detail, dann tritt kurz ein Shader-Problem auf ... Es sind Kleinigkeiten, die beim Spielen nicht stören und vor allem nicht auffallen. Grafische Unterschiede zwischen der PS3 und der Xbox konnten wir nicht feststellen.

Sound: 10 von 10

Die Sprachausgabe tönt klar und deutlich aus den Boxen. Gut gewählt sind vor allem die Stimmen der Synchronsprecher, wodurch man blind sagen kann, welche Figur gerade am Reden ist. Nahezu perfekt ist auch die örtliche Wahrnehmung der Stimmen: Steht man auf einem Dach, kann man problemlos die Hilfeschreie einer Passantin orten und an der richtigen Seite herunterspringen. Der Akzent mancher Figuren macht das Setting authentisch und die Figuren sofort sympathisch. Die Musik ist eher dezent im Hintergrund, passt sich aber den jeweiligen Situationen an.