Unsere Preview zu Assassin's Creed Revelations

Ich wandere gemütlich durch die engen Gassen von Konstantinopel auf dem groben Weg in Richtung meines nächsten Ziels, dem Topkapi-Palast. Um mich herum Passanten, die ihren Geschäften nachgehen, eine Kreuzung weiter patrouilliert die Stadtwache. Mit denen will ich mich gerade nicht anlegen, deshalb schnell auf das nächste Gebäude geklettert ’€“ meine Mitmenschen scheint das nicht wirklich zu irritieren. Von dort hangle ich mich über Seile, Balkone und Fenstervorsprünge langsam weiter nach oben, springe über mehrere Dächer und die nächste Wand hinauf. Und plötzlich erstreckt sich vor mir die ganze Stadt ’€“ rein zufällig bin ich auf dem Dach der Hagia Sofia gelandet und kann von deren Minaretten den Ausblick genießen.

Es sind Momente wie dieser, in denen klar wird, was für ein wunderbar lebendiges Kunstwerk die Ubisoft-Entwickler mit Assassin's Creed Revelations geschaffen haben. Egal ob ihr euch durch enge Gassen drängt oder über den Dächern von Konstantinopel versucht, einem eurer Assassinen-Kollegen zu folgen ’€“ immer fühlt es sich an, als wäre man mitten drin. Während sich grafisch nicht übermäßig viel im Vergleich zu Brotherhood geändert hat, glänzt die gigantisch große Spielwelt neben ihrer Schönheit nun auch mit unzähligen kleinen und großen Details, selten war eine Spielwelt so mit Leben gefüllt. Der Wunsch der Entwickler, dem Spieler die Möglichkeit zu geben, einen kleinen Grundkurs türkische Konversation im Kontakt mit den vielen NPCs zu absolvieren (Bitte, Danke und so), scheint mir gar nicht so unrealistisch.

Viele der Entwickler waren persönlich im heutigen Istanbul vor Ort und da ich ja viele Locations aus dem Spiel auch in der Realität gesehen habe, kann ich bestätigen, dass sich das gelohnt hat. Die Stadt fühlt sich sehr real an und etwa im Topkapi-Palast könnte das Spiel locker als Navigationsgerät taugen. Allerdings sind natürlich einige bekannte Gebäude wie die Blaue Moschee einfach wegen der historischen Korrektheit nicht im Spiel enthalten, genauso ist die Stadt etwas kleiner als in Realität (dennoch immer noch größer als Rom in ACB) ’€“ nur der in der Realität recht kleine Galata-Turm wurde leicht vergrößert. Das weiß ich allerdings auch alles nur, weil man mir das so erzählt hat ’€“ im Spiel merkt man davon wirklich nichts. Einzig bei der Vegetation haben sich die Entwickler als virtuelle Baumfäller betätigt, dafür bekommt ihr aber eine übersichtliche Kameraführung statt einem Bildschirm voller Laub. Für weitere Details zum Entwicklungsprozess verweise ich auf mein Interview mit Lead Writer Darby McDevitt:

Zur Hauptstory will ich eigentlich gar nicht allzu viel verraten, (zu) viel hat man schon in Trailern gesehen und nach all dem was ich gesehen habe, bewegt sich das Storytelling auf gewohnt hohem Niveau. Man hat uns gesagt, dass alleine die Hauptgeschichte über 10 Stunden dauern wird, das alles noch ohne die vielen zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten und Missionen. In besonderen Szenen werdet ihr auch wieder in die Rolle von Altair und Desmond schlüpfen und dort die Story voranbringen. Für Neulinge oder Menschen mit schwächerem Gedächtnis (wie mich) wird es genug Erklärungen und Flashbacks geben, mit denen man auf dem Laufenden gehalten wird ’€“ niemand wird wichtige Details nicht verstehen oder gar übersehen.

Während ihr die Stadt wirklich komplett frei erkunden könnt, sind die Missionen selbst recht linear ’ ihr habt aber stets auch innerhalb dieser linearen Missionen viel Freiheit, mit welcher Taktik und über welchen Weg ihr eure Aufgabe löst. Ich will im folgenden Absatz einige Momente aus einzelnen Missionen beschreiben und dabei kleiner Details spoilern. Wer also hier auf der sicheren Seite sein will, bitte zwei Absätze tiefer weiterlesen bzw. den Spoiler überspringen.

Spoiler ansehen 

In einer der absolut lustigsten Missionen, die ich gespielt habe, seit ihr gar nicht als Assassine unterwegs: Nachdem ihr ein paar Musikanten kräftig verprügelt habt, schlüpft ihr in deren Klamotten und macht euch nur ’€žbewaffnet’€œ mit einer Laute auf den Weg zum Topkapi-Palast. Als euch die Wachen am Eingangstor aufhalten und eure Verkleidung droht aufzufliegen, greift Ezio zu verzweifelten Maßnahmen und beginnt zu singen. Richtig gelesen, Ezio singt. In freier Improvisation (musikalisch auch in der Realität von Ezios Synchronsprecher Roger Craig Smith selbst kreiert) berichtet er sehr humorvoll von vergangenen Ermordungen aus seiner Zeit in Italien, Fans werden viele Spielmomente im Text wiedererkennen. Dazu spielt er Lauten-Akkorde, die immerhin beinahe zum Gesang passen. Wozu das ganze? Ganz einfach, um eine bekannte Persönlichkeit vor den Templern zu schützen muss Ezio das Publikum einer Party ablenken, während sich seine Kollegen die vermeintlichen Attentäter schnappen und geräuschlos entsorgen. Spielerisch wenig anspruchsvoll (Ingame-Anleitung: ’€žDrücke irgendeinen Knopf, um die Laute zu spielen’€œ), aber dafür umso lustiger und tatsächlich für die weitere Entwicklung der Hauptstory von entscheidender Bedeutung. Nach wenigen Minuten geht es auch schon weiter und ihr dürft wieder Mauern erklimmen.

Eine ganz andere Mission ist Ezios Ausflug in die Gefilde von Lara Croft’ während er die Ruinen unterhalb des Galata-Turms auf der Suche nach einem wichtigen Gegenstand erkundet, stürzen um ihn herum die Höhle und die aufgebauten Gerüste ein. Mit einem verzweifelten Griff kann er sich gerade noch an einem Balken festhalten, doch auch dieser droht in die Tiefe zu stürzen. Im freien Raum und den vollen drei Dimensionen klettert, hangelt und balanciert ihr euch durch eine von einem reißenden Fluss durchzogene riesige Höhlenlandschaft. Auch das ist prinzipiell eine lustige Abwechslung und mit fairen Checkpoints auch machbar, allerdings findet sich hier einer meiner wenigen echten Kritikpunkte: Wie oft bei dieser Art von Leveldesign kommt euch die Kamera manchmal in den Weg. Da sie regelmäßig zwischen einer festen Position und dynamischer Bewegung (wie in der normalen Sicht direkt hinter Ezio) wechselt, wird das genaue Zielen bei knappen Sprüngen oft unnötig kompliziert und verwirrend. Ich brauchte an zwei Stellen gleich mehrere Versuche, bis ich die Kameraeinstellung durchschaut hatte. Lead Game Designer Alexandre Breault hat mir aber versprochen, dass die Entwickler hier noch bis zum Release nachbessern. 

Alle wieder dabei? Zu den vorher beschriebenen Missionen kommen noch einige besondere Missionen hinzu, in denen ihr etwa in einer Art recht einfachem Tower Defense eure Assassinen-Behausung vor anrückenden Templern verteidigen müsst. Dazu koordiniert ihr eure unterschiedlich bewaffneten Assassinen (Armbrust- und Gewehrschützen, Kanonen und Ąhnliches) auf den Dächern und Barrikaden auf der Straße mit begrenzten Ressourcen, um mehrere Wellen an Gegnern abzuwehren. Ezio kann selbst leicht eingreifen, hält sich aber generell eher zurück. Das kann man lieben oder hassen, aber mit etwas Übersicht hält das euch nicht auf und bietet zwischendurch eine gute Abwechslung im Gameplay. Auch Verfolgungen von Gegnern über die Dächer von Istanbul wird es geben und es bleibt in jeder Mission die Herausforderung einer kompletten Synchronisation.

Ebenfalls neue Gameplay-Möglichkeiten bieten die Hakenklinge und die Bomben. Mit letzteren in Form einer Ablenkungs-Bombe könnt ihr etwa die Templer- und Stadtwachen aufeinander hetzen und bekommt so neue Optionen, um euch taktisch von großen Gegner-Massen fernzuhalten. Die Hakenklinge könnt ihr auf verschiedene Weisen einsetzen, das ganze wird recht früh im Spiel detailliert von eurem Kontakt in Konstantinopel erläutert. Neben der Möglichkeit zu längeren Sprüngen und der Möglichkeit, an Seilen entlang zu rutschen könnt ihr euch damit auch manchmal retten, wenn ihr knapp an einem Vorsprung vorbeispringt (eine große Erleichterung für Grobmotoriker). Dazu kommt die Möglichkeit, euch über Gegner zu schwingen oder diese aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Ein kurzes Wort zum Multiplayer: Ich habe nur drei kurze Deathmatch-Runden gespielt und kann deshalb schlichtweg kein Urteil darüber fällen. Was ich aber gespielt habe, macht durchaus Spaß ’€“ im Deathmatch überlegen zu müssen, wen man tötet, ist eine immer noch ungewohnte Idee. Ob das Balancing und Ähnliches stimmt, wird sich eh erst ab Release zeigen.

Zu Embers muss ich im Moment noch schweigen, aber der Kurzfilm ist ein treffender Abschluss der Ezio-Trilogie. Der Grafikstil ist streitbar, wer einen Eindruck bekommen will, kann ja den PAX-Trailer anschauen. Auch die Enzyklopädie ist noch unter Embargo, für Fans aber ein echtes Muss mit schönen Concept Arts und unglaublich viel Hintergrundinfos zur kompletten Serie.

Zusammengefasst muss ich mich nochmal bei Ubi für dieses großartige Event bedanken und sagen, dass man mich gar nicht hätte ’€žbestechen’€œ müssen, damit ich hier fast mit Sicherheit sagen kann: Assassin's Creed Revelations wird nicht enttäuschen. Ubi setzt weiterhin auf Stärken wie das mühelose Entdecken der Stadt und die Klettereinlagen und kombiniert das mit einer wunderschönen Spielwelt und abwechslungsreichen Missionen.

Meine Zeit ist gekommen, ich packe mein Schwert und die letzten verbliebenen Rauchbomben zusammen und mache mich auf den Weg nach Hause. So einfach kann ich mich nicht von dieser Stadt trennen, ein letztes Mal erklimme ich den Galata-Turm und genieße die Aussicht. In der Ferne geht die Sonne unter und mit einem beherzten Sprung mache ich mich auf den Weg nach unten, mein Heuhaufen wartet schon auf mich. Auf Wiedersehen, Konstantinopel.